Nove zemlje für Felix Dscherschinskij
Felix Dscherschinskij wird jedermann und jederfrau sicherlich wohl bekannt sein. Schnauzer und finsteres Gesicht, manchmal hinterhältig, meist aber grüne Augen und vor allem ein Verhalten mit
schwer zu erahnenden Absichten.
Es lag in einer kaum zu erahnenden Mulde. Vielleicht bot dem Schwerverletzten das Herbstlaub eine wärmende Unterlage - die ersten kaltfeuchten Nächte zehrten am Rest seines Lebens. Wie lange er
wohl da schon verharrte, wusste er selbst nicht. Der Schmerz, aber auch sein unbedingter Wille zu überleben, ließen die Zeit stehenbleiben. War es bereits drei Tage? Vielleicht vier oder gar fünf
Tage. Er verharrte ruhig. Irgendwann nahten Schritte. Er wurde noch unsichtbarer und noch mehr dem feuchten Untergrund angepaßt. Und wieder verging viel, viel Zeit. Hunger und Durst und leichter
Regen und wieder Hunger und Durst. Die Herbstsonne hatte nicht die Kraft, die Kälte des Schattens aufzuwärmen. Das Versteck war sicher - die letzten herab fallenden Blätter machten seine Tarnung
vor allem und jedem noch perfekter - es fehlte ihm die Kraft die Boten des Winters zu entfernen. Das ständige Nieseln und der dadurch entstehende monotone Trommelwirbel am welken Laub machten
seine Lage noch aussichtsloser - obwohl er sich seiner Lage nicht mehr bewusst war. Der gequälte Leib hat sich schon längst an den steten pochenden Schmerz gewöhnt. Ein tiefe Resignation erfaßte
Dscherschinskij. Das Pochen des Schmerzes spürte er wie den Klang des Knöchels der Knochenhand, die Aufforderung zum Fertigmachen für den langen Marsch. Dscherschinskij gehörte nie zu denen, die
an jemals an jenseitiges Vorhandensein geglaubt hätten. Felix Dscherschinskij war mehr als ein Atheist - Sendung oder nicht Sendung, Bestimmung oder nicht Bestimmung, für Dscherschinskij galt das
Bestehende - eine Maschine seiner Triebe - hellwach und auch gleich wieder am desinteressiert. Er war soweit, um in der Kälte positives zu erkennen. Die Kälte hat schon längst die Fliegen
vertieben, deren Eier sich schon längst in der klaffenden Wunde im Eiter vergnügen würden. Längst hätte die Entzündung den Knochen angefallen, der zersplitterte Knochen mit dem freiliegenden Mark
wäre der ideale Brutkasten jedes Entzündungsherdes - der ideale Brückekopf für den letzten großen Sturmangriff - den Dscherschinskij mit stoischer Gelassenheit erwartete. Hunger und Durst und
Schmerz wurden zum letzten Inhalt - das unerwünschte Ziel war erreicht. Man fand ihn Ende der zweiten Woche. Trotz seiner Kraftlosigkeit wehrte er sich mehr als mannhaft…
Verstärkung war notwendig